Jetzt ist gut

Kurz nach den Sommerferien sind sie auf einmal da. Die Spätsommertage klingen noch warm nach, der Duft von Flammkuchen und Kürbissuppe füllt die Häuser und in den Regalen liegen auf einmal bergeweise Lebkuchen und Spekulatius-Kekse. Es ist, als sollten wir den Herbst mit seinen bunten Blättern, seinen raschelnden Laubhaufen, den Kastanien, den Bratäpfeln und den ersten Tagen, an denen der Atem morgens raucht, wenn wir aus dem Haus gehen, überspringen und direkt in die Vorweihnachtszeit eintauchen. 

Ich bin ein Herbstkind, mein Geburtstag ist Ende September und darum liebe ich diese Jahreszeit wahrscheinlich besonders und kann nicht verstehen, warum wir sie überspringen sollten. 

Aber natürlich scheint nicht an allen Herbsttagen die Altweibersommer-Sonne vom Himmel, es gibt ja schließlich auch diese grauen Tage, vor allem im Oktober und November, Tage, an denen man nicht den Fuß vor die Tür setzen möchte, an denen es matschig und kalt ist, an denen man sich am liebsten verkriechen möchte, die man, ja, tatsächlich überspringen möchte, um im vorweihnachtlichen Lichtermeer des Dezembers zu landen.

Und ist das nicht auch so im Leben allgemein? Wer hat schon Lust auf die grauen Tage, an denen es nichts zu geben scheint, das uns Freude macht. Die Kinder sind schlecht gelaunt, ich habe es nicht geschafft den Großeinkauf zu machen und darum gibt es nur das, was im Kühlschrank noch war, jemand ist krank zu Hause, darum können wir nicht zur Geburtstagsfeier fahren, es regnet und die Wäsche türmt sich. Keiner ruft an und meine Gedanken sind mindestens genauso trüb wie das Wetter. Kann man diese Tage nicht einfach auslassen?

auch die dunklen Tage gehören zum Leben

Abgesehen davon, dass die Antwort offensichtlich ist, frage ich mich, ob es nicht sein kann, dass Frieden darin liegt, heute und jetzt zu akzeptieren und mehr noch: zu umarmen, zu begrüßen, vielleicht sogar zu feiern. Ob es bedeutet, dass ich beruflich noch nicht dort angekommen bin, wo ich hinmöchte, ich nicht weiß, wo wir die nächsten Jahre wohnen werden oder ich meine überflüssigen Pfunde nach der Schwangerschaft noch nicht losgeworden bin.

In einer modernen Übersetzung zum Buch der Sprichwörter heißt es „know the importance of the season you are in and a wise son you’ll be“(The Passion Translation Proverbs 10.5). 

In jeder Lebens-Jahreszeit geschieht etwas Wichtiges, und wenn es nur heißt, dass ich Geduld lerne, oder Gnade mit mir selbst finde. Und es gibt den, der die Jahreszeiten geschaffen hat, der mich trägt, auch durch die schwierigen Tage und Zeiten, durch die, in denen nicht alles so leicht geht, sich alles schwer anfühlt. Der mich hält und aushält. Und mich lehrt, die Schönheit zu sehen in den Zwischenzeiten, den Tagen und Wochen und Monaten, die zwischen den „Hochzeiten“ liegen. Denn sie machen diese ja gerade erst zu etwas Besonderem. 

Vielleicht kann ich mit dieser Perspektive die Zwischen-Zeiten besser annehmen und lieben lernen. Ich bin auf dem Weg zur nächsten HOCH-Zeit. Jetzt ist gut.

3 Comments

  1. Mir tat es gerade gut zu lesen, dass „Jetzt gut ist“. Viel zu sehr will ein großer Teil von mir immer vorwärtspreschen, weiter gehen, vor allem unangnehme Situationen schnell hinter sich lassen… Der Gedanke, dass in jeder Lebenszeit etwas Wichtiges geschieht ist tröstlich und mutmachend. Dass will ich lernen: ruhig werden im Jetzt und dankbar annehmen was gerade ist.

  2. Pingback: The cycle home
  3. Kostbare Gedanken in denen tiefer Trost Gottes liegt: „Tränen wie Regen, der den Staub von der Seele reinigt“ hat es in mir ausgelöst. Nach Wochen Highspeed abrubt gezwungen still zu stehen, die Nächte unruhig, Schmerz im Bein der nur langsam abnimmt. Ist das der Weg zu tieferer Ruhe? Eine Spontanheilung hätte viel besser zu meinem hohen Tempo gepasst. Aber jetzt ist ER da….durch diesen Text berührt ER mein Herz!
    Danke für die erlösenden Tränen, welche die Last der letzten Wochen beginnen wegzuwaschen und die Sehnsucht nach Schönheit mehr wecken.
    Danke für die Schönheit der Ruhe mit der ich tiefer in Berührung komme.

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